Winchbau - Tutorial PDF 
Geschrieben von: Benjamin Wiedenhofer   
Donnerstag, 28. Mai 2009 um 17:32 Uhr

Da man als Wakeboarder im Winter nicht sonderlicher häufig seinen Sport ausüben kann muss man sich ab und an was einfallen lassen, um die Zeit zu vertreiben. So kam ich Winter 06/07 mit ein paar Freunden auf die Idee eine mobile Wakeboardwinch zu bauen.

 

Den elektronisch angetriebenen Rixentrainer kannten wir. Nachteil war natürlich, dass man ständig eine Steckdose brauchte um den Rixentrainer mit Strom zu versorgen. Also musste etwas mit Verbrennungsmotor her. In der deutschen Community gab es noch keinerlei  Input zum Bau einer  Winch. Einzige Quelle um  die ein oder andere Anregung zu bekommen war das USA Forum winchskating.com. So habe ich mich tagelang vor den Rechner gesetzt um  Baumaterial und technische Lösungen für den Antrieb zu finden.

Unsere Winch an einem Spot

Den Bau haben wir damals im deutschen Wakeforum relativ detailliert beschrieben und schnell bildeten sich einige Crews die sich ebenfalls an den Bau ihrer Winch machten. So langsam wurde es in Deutschland populärer und man konnte sich mit Ideen austauschen, Material zusammen bestellen (z.B. das Seil) und so entwickelte sich das Ganze stetig.

Der Grund weshalb ich nun diesen Artikel schreibe, ist es, allen neuen Winchbauern einige Recherche und Ärger abzunehmen. Der Artikel soll in keinster Weise nur eine Bauanleitung sein! Seid so kreativ wie nur möglich! Natürlich gibt es einige physikalischen Regeln an die man sich halten muss, aber niemand muss die Winch exakt so bauen wie gleich beschrieben. Es gibt sicherlich 1000 Verbesserungsmöglichkeiten. Alles was hier beschrieben wird sorgt nur für einen soliden Grundaufbau der am Ende auch funktioniert.

Bevor Ihr jetzt hingeht und wild Material für den Winchbau zusammenkauft halt! Schnorrt, klaut oder holt es Euch auf sonstigen Wegen. Aber schon zu Beginn sollte euch klar sein, dass der Bau mit einiger Arbeit verbunden und Euer Portemonnaie am Ende um circa 1000€ leichter ist. So genug Vorgeplänkel jetzt mal zu den Fakten.

 

Material

Der Motor

Als Motor dient uns ein  4-Takt Verbrennungsmotor mit einer Leistung von ca. 6,5 ps, 3600 U/min und einer Motorwelle von 19,05 mm. Ihr könnt natürlich auch größere Motoren mit anderen Wellen nutzen. Solltet euch  im Vorfeld aber Gedanken über Kupplung und Kettenart machen. Der Motor kostet bei Ebay circa 120€.

 

Die Kupplung

Bevorzugt der Torq-Averter. Dies ist ein Drehmomentwandler der die optimale Power von Motor auf Spule überträgt. Der TAV hat ein Motorritzel mit Kettentyp C35 (Amifabrikat) und ist von allen Kupplungsvarianten am robustesten, was sich aber auch im relativ hohen Preis zu Buche schlägt. Als Alternative ist die Übersetzung mit einer Fliehkraftkupplung möglich. Jedoch ist diese nicht bei 6,5 PS Motoren zu empfehlen, da unsere erste Fliehkraftkupplung uns nach einem ½ Jahr um die Ohren flog und daraufhin defekt war. Bei größeren Motoren scheint die Fliehkraftkupplung jedoch auszureichen., allerdings wird es, je größ der Motor ist, teurer und vom Gewicht wesentlich schwerer, was man durchaus bedenken sollte.

Torq Averter - circa 220 Euro bei www.spares24.de
Fliehkraftkupplung - circa 70-270 Euro je nach Größe und Qualität bei www.spares24.de

Empfehlen würden wir den TAV!

 

Kette und Antrieb

Wenn Ihr Euch für den Antrieb mit einem 6,5 PS-Motor entschieden habt, egal ob mit TAV oder Fliehkraftkupplung, so braucht Ihr eine Kette Typ C 35  /035 mit den dazugehörigen Antriebsritzeln.

Kette - circa 25 Euro pro Meter bei www.gebrauchte-kart.de oder www.spares24.de
Ritzel - circa 10 Euro bei www.gebrauchte-Karts.de

 

Antriebsachse

Als Antriebsachse eignet sich eine Kartachse optimal. Die Achse könnt Ihr mit Stehlagern am Rahmen befestigen und die Seilspule sowie das Antriebsritzel mit Ritzelaufnahmen an der Kartachse.

Kartachse - circa 50 Euro bei www.gebrauchte-Karts.de
2x Ritzelaufnahme - circa 30 Euro bei www.gebrauchte-karts.de  oder www.spares24.de
2x Stehlager - circa 10 Euro bei Ebay je nach gewählter Achsgröße

 

Spule

Wir haben für die Spule damals ein 220mm Eisenrohr zwischen zwei angefertigte Metallteller geschweißt. Die Metallteller wurden  mit einer Stärke von 8mm gelasert. Danach haben wir die Ritzelaufnahmen an den Metalltellern angeschraubt (M8 Gewinde in Metallteller geschnitten) und so die Kartachse mit der Spule befestigt und dann die Achse mit den Stehlagern am Rahmen verschraubt. Hierbei gibt es auch eine Menge anderer Möglichkeiten so z.B. die Stabspule (siehe Foto).

Spule - circa 30 Euro  beim Metallbauer (nur Material)

Unsere Spule (links) und eine Alternative (rechts)

 

Rahmen

Ihr habt jetzt fast alle Teile zusammen und könnt euch Gedanken über den Rahmen machen. Stellt den Motor, die Spule und alles andere so hin wie alles einmal montiert werden soll und nehmt Maß für den Rahmen. Seid kreativ, fahrt zum Metallbauer Eures Vertrauens und besorgt euch nötiges Eisenmaterial. Unsere Winch ist leider recht groß geraten, was den Transport erschwert, also versucht die Winch so kompakt wie möglich zu bauen.

Material - circa 10m Eisenrohr für 100 Euro
Schweißmaterial - circa 20 Euro

Nun ist handwerkliches Geschick gefragt!

Testaufbau unserer Konstruktion

Unser Rahmen frisch lackiert

Übersetzung

Um die perfekte Übersetzung zu finden gibt es online ganz nette Rechner.

Als Beispiel bei unserer Winch:
Motorritzel  12 Zähne
Achsritzel 71 Zähne
Motorumdrehung 3600
Spulenumfang 790 mm (dxπ) (3,1416)
Ergibt eine Geschwindigkeit von ca. 29 Kmh.

 

Zugseil

Ihr braucht ein Seil, dass bei möglichst geringem Durchmesser eine möglichst hohe Belastung standhält. Sollte das Seil zu dick sein wird die Geschwindigkeit je mehr Seil auf der Spule ist immer höher und der Speed ist nicht konstant. Zudem darf das Seil keine Dehnung haben, ansonsten fühlt es sich an als würdet Ihr Bungeewinchen. Ich empfehle eine 3mm Dyneemaleine mit Bruchlast von 900 kg, da diese sich als optimal erwiesen hat. Dabei sollten circa 200m reichen! Je nach Vorliebe, kann es auch etwas mehr sein. Aber bedenkt, dass diese Leine sehr teuer ist.

Der Kostenpunkt liegt bei Ebay bei circa 1,5o Euro pro Meter. Ich habe damals ein Händlerkonto beim Hersteller eröffnet und so für einige Winchbauer das Seil gekauft. Sollte Interesse bestehen und eine Sammelbestellung zustande kommen kann ich gerne nochmal  1000 m bestellen. Bei einer Sammelbestellung liegt der Preis für 200m bei etwa 150 Euro.

 

Probelauf

Nachdem Ihr alles zusammengebaut habt geht es an den Probelauf. Spannt die Winch mit Spannbändern  an einem Stein, Baum oder ähnlichem fest. Lasst die Winch 5 min. Warmlaufen bevor Ihr Sie unter Lasst setzt. Probiert am Anfang keine Wasserstarts und wenn Ihr merkt, dass der Wakeboarder nur schlecht gezogen wird brecht den Probelauf ab und überdenkt eure Übersetzung. Wenn Ihr Motor und Kupplung quält sind sie viel zu schnell kaputt! Meistens ist die Übersetzung mit zu hoher Geschwindigkeit gewählt und verliert dadurch natürlich Power. Der Wakeboarder kommt nicht ins gleiten
Sollte alles funktionieren, dann heißt es: Gratulation, Winch läuft, viel Spaß!!!

Seitenansicht unserer Winch
 
Ansicht der Motorseite

Features

Bremsen, Gaszug über Mofalenker, Verkleidung oder Reifen können nach Belieben montiert werden.  Als Bremse eignet sich eine Scheibenpremse ganz gut. Diese ist über den Mofalenker inklusive eines Gaszugs ist in jedem Fall ein nettes Feature.

So ich hoffe ich konnte euch etwas inspirieren und man sieht Eure Ergebnisse schon bald im Wakeforum oder sonst wo. Sollten Fragen aufkommen diskutiert Sie im Forum. Dort sind einige, wie auch ich, die Euch mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und zeigt Fotos von euren Werken!

 

Hier noch zwei Bilder was man mit einer Winch im Einsatz so anstellen kann. Das Bild links zeigt eine andere Winch, an einem feinen natürlichen spot und im Bild rechts haben wir unsere Winch mal an einen Snowboard-Ghetto-spot getestet. Auch das bringt sichtbar Spaß! Die Möglichkeiten sind also nahezu unerschöpflich und es erweitert unsere Spots an Plätze, von denen wir früher nur träumten. Aber bedenkt: Es ist nicht überall erwünscht, dass wir unseren Sport ausüben! Im Zweifelsfall: HIT´N´RUN!

 

             

 

Text: Andreas Schäfer
Fotos: Andreas Schäfer, Patrick Prill, Benjamin Wiedenhofer
 
 
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